Finanzkrise: Landkreise und Städte sehen Pflichtaufgaben in großer Gefahr
Die angespannte Finanzlage der Landkreise war ein Schwerpunkt der Landrätekonferenz Lüneburg – Stade, die am vergangenen Donnerstag in Harsefeld tagte. Die finanzielle Lage ist vielerorts schon jetzt dramatisch: Kommunen in Niedersachsen steuern auf eine große Finanzkrise zu. Thorsten Krüger, Landrat des Landkreises Cuxhaven, erklärt. „„Es ist eine Herausforderung, bei wachsenden Aufgaben mit sinkenden Finanzmitteln nachhaltig zu arbeiten und zu investieren.“ So werden immer wieder zusätzliche Aufgaben an die Kommunen übertragen, beispielsweise im Bereich der Jugendhilfe, im Sozialbereich und dem Veterinärwesen. „Die Konnexität, nach welcher die Aufgaben- und Finanzverantwortung zusammengehören, ist hier an einigen Stellen noch ausbaufähig,“ betont Krüger. Die Landkreise fordern daher das Land in einem gemeinsamen Appell zum dringenden Handeln auf.
„Statt notwendige Investitionen für Schulen, Straßen und energetische Sanierung zu finanzieren, müssen Kommunen jetzt absehbar Konzepte zur Haushaltssicherung erarbeiten. Wir baden politische Versprechungen von Bund und Land aus, die nicht ausfinanziert sind“, beschreibt Rainer Rempe, Landrat des Landkreises Harburg und Vorsitzender der Landrätekonferenz Lüneburg – Stade die Situation. Als Beispiele für die unkontrollierte Ausgabenentwicklung nennen die Hauptverwaltungsbeamten der DOL-Runde unter anderem gestiegene Transferleistungen im Sozialbereich und Aufwendungen der Eingliederungshilfe, die für einzelne kommunale Haushalte eine Mehrbelastung von 30 Prozent bedeuten.
Aufwendungen für Kindertagesbetreuung, aber auch Jugendhilfe, das Wohngeld PLUS oder die staatliche Aufgabenwahrnehmung für Lebensmittel- und Veterinärverwaltung stellen ebenfalls eine zunehmende finanzielle Belastung für die kommunale Seite dar, die bei weitem nicht auskömmlich finanziert ist.
Dass das Land Niedersachsen neben den vielen bereits genannten Beispielen - und da sind Themen wie Flüchtlingsunterbringung oder zusätzliches Personal für die steigenden Einbürgerungsverfahren nicht aufgeführt - zusätzlich seit Jahrzehnten den niedrigsten kommunalen Finanzausgleich pro Kopf aller 13 Flächenländer aufweist, 286 EUR je Einwohner unter Bundesdurchschnitt, ist eine weitere Erklärung für die Finanznot der Kommunen.
Deutlich gestiegene Personal-, Energie- und Herstellungskosten verschärfen die Situation zusätzlich. Die Landrätin, Landräte, Oberbürgermeisterin und Oberbürgermeister des Oldenburger Landes mahnen: Das Zusammenstreichen von freiwilligen Leistungen, die der Unterstützung von Vereinen oder gesundheitlichen Beratungsangeboten dienen, wird die Millionendefizite in keiner Weise auffangen, denn sie machen nur einen vergleichsweise kleinen Anteil an den Ausgaben in den Landkreisen und kreisfreien Städten aus. Sie sehen inzwischen auch die Erfüllung von Pflichtaufgaben zukünftig massiv gefährdet.
Ihre Sorge hatten die Mitglieder der DOL-Runde bereits im Mai in einem Schreiben an Niedersachsens Finanzminister Gerald Heere formuliert und ihn zum Handeln aufgefordert. Das Ministerium stellt allerdings keine ausreichenden Hilfen in Aussicht, die Spielräume ermöglichen. Damit wollen sich die Hauptverwaltungsbeamten aber nicht zufriedengeben.
Sie begrüßen die Forderung des Niedersächsischen Landkreistags, Überschüsse des Landeshaushalts in Höhe von 1,6 Milliarden Euro, die im Rahmen der aktuellen Debatte zum Landeshaushalt 2025 zu Tage traten, auch zur Linderung kommunaler Finanznöte zu verwenden, anstatt diese in Gänze der Landesrücklage zuzuführen. Mit Blick auf künftige Haushalte bedarf es ihrer Meinung nach jedoch einer grundsätzlichen Korrektur.
Foto (v. l.): Die Hauptverwaltungsbeamten der Landkreise im Bezirk Lüneburg - Stade sprechen in der Finanzkrise mit einer Stimme: Peter Bohlmann (LK Verden), Prof. Dr. Hubert Meyer (Geschäftsführendes Präsidialmitglied des Niedersächsischen Landkreistages), Bernd Lütjen (LK Osterholz), Kai Seefried (LK Stade), Jens Böther (LK Lüneburg), Dagmar Schulz (LK Lüchow-Dannenberg), Axel Flader (LK Celle), Rainer Rempe (LK Harburg), Thorsten Krüger (LK Cuxhaven), Dr. Heiko Blume (LK Uelzen), Marco Prietz (LK Rotenburg (Wümme)), Jens Grothe (LK Heidekreis)