Erster »Dialog Moor Cuxland« im Kreishaus - Landrat stellt Mooragentur in Aussicht
Es war ein gemeinsamer Auftakt an diesem Freitag Mitte Februar: Etwa 90 Vertreterinnen und Vertreter aus der Politik, der Verwaltung und Landwirtschaft, von Fachministerien und Umweltschutzverbänden haben im Kreishaus über den Moorschutz und die Wiedervernässung der Moore diskutiert. Ein Thema, von dem das Cuxland besonders betroffen ist. Immerhin hält der Landkreis etwa 10% der kohlenstoffreichen Böden des gesamten Landes Niedersachsen – ohnehin das moorreichste Bundesland der Republik. Das entspricht rd. 37% der Fläche des Landkreises. Eine Mooragentur soll nun die Aktivitäten auf Kreisebene bündeln.
Auf den ersten Blick werden Moore in der Landschaft gerne übersehen, denn die meisten sind entwässert und werden als Grünland oder Ackerland genutzt. Das ist durchaus problematisch, emittieren doch trockengelegte Moorflächen Treibhausgase in die Atmosphäre. Intakte Moore dagegen speichern CO2. Nicht umsonst sieht das Bundes-Klimaschutzgesetz bis 2045 den vollständigen Verzicht von CO2-Entweichung aus trockengelegten Mooren vor. Bund und Länder haben vereinbart, die Treibhausgasemissionen aus Moorböden schon bis 2030 deutlich zu reduzieren. Erreichbar wäre das nur über eine großflächige Wiedervernässung.
Über den Sachstand aus Sicht des Landes Niedersachsen informierten Dr. Anne Lammen-Ewers vom Niedersächsischen Landwirtschaftsministerium und Ulrich Sippel vom Umweltministerium des Landes. „Niedersachsen ist Moorland Nr. 1“, machte Lammen-Evers deutlich. Mit 15,8 Mio t verursachten die organischen Böden 17,8% der Treibhausgasemissionen des Landes, ein Wert, der im Bundesdurchschnitt nur bei 6,9% liege. Sie stellte kooperative, gebietsbezogene Lösungen in Aussicht, um die unumgängliche Wiedervernässung umzusetzen. Die Maßnahmen sollten auf Freiwilligkeit basieren. Wie es gelingen könne, nicht nur auf Einzelflächen sondern großflächig eine Veränderung zu erreichen, sei dabei eine zentrale, bisher aber ungelöste, Frage.
Eine genaue Übersicht über die tatsächlichen Moorflächen ermöglicht die Plattform MoorIS (www.mooris-niedersachsen.de), die Ulrich Sippel vorstellte. Aussagen zu den gebietsbezogenen Potentialen für die Erhaltung der Kohlenstoffspeicher in den Moorböden und zur Minderung von Treibhausgasemissionen soll eine jüngst in Auftrag gegebene Studie treffen. Die Ergebnisse sollen als Planungsgrundlage dienen, um die bereits umgesetzten Maßnahmen sinnvoll zu ergänzen. „Sie stellen noch keine Festlegungen dar“, betonte Sippel. Man stehe derzeit noch ganz am Anfang – Aussagen zu einem konzeptionellen Ansatz seien daher noch nicht möglich. Es zeichne sich aber ab, dass sich die Maßnahmen nicht nur auf landwirtschaftlich nicht genutzte Flächen beschränken könnten.
Große Betroffenheit in der Region
Franz Jansen-Minßen, Fachberater beim Grünlandzentrum Niedersachsen/Bremen e.V., wies auf die große direkte Betroffenheit in der Region hin. Der Dialog sei daher von großer Bedeutung. Der Handlungsdruck sei angesichts des fortschreitenden Klimawandels groß. Hinsichtlich der Nutzung der Moore habe ein gesellschaftlicher Paradigmenwechsel stattgefunden, mit dem die Landwirtschaft umgehen müsse.
Ziel müsse sein, die Zielvereinbarung von Bund und Ländern so schnell wie möglich und vor allem sozialverträglich umzusetzen. Konkrete Maßnahmen müssten vor Ort mit den Akteuren entwickelt werden und die Gesellschaft müsse bereit sein, das auch zu finanzieren. Auf die landwirtschaftlichen Betriebe in Moorlandschaften, so Jansen-Minßen, würden große Änderungen zukommen. Betroffen seien aber nicht die Betriebe allein. Die sozioökonomischen Folgen durch den Verlust von Vermögenswerten, Pachteinnahmen und Arbeitsplätzen bei gleichzeitig hohen Kosten für die Umsetzung der Ziele beträfen auch den nachgelagerten Bereich und die gesamte Region. Ein Nutzungskonzept ohne Milchwirtschaft, so wie aus wissenschaftlichen Kreisen zum Teil gefordert, lehnte Jansen-Minßen ab, da belastbare Nutzungsalternativen noch nicht zur Verfügung stünden. Der Konflikt zwischen Milchwirtschaft und Moorwiedervernässung müsse gelöst werden – eine Generationenaufgabe, wie der Agraringenieur feststellte.
Planungssicherheit gefordert
Anwesende Landwirte forderten vor allem Planungssicherheit für Ihre Betriebe. Entsprechende Förderprogramme müssten auf Langfristigkeit ausgelegt sein und dürften nicht nach vier oder fünf Jahren enden.
Es sei wichtig, die Kompetenzen zu bündeln und keine Parallelstrukturen zu schaffen, stellte der Landtagsabgeordnete Claus Seebeck fest. Nicht nur die Moorflächen, sondern das gesamte Cuxland müsse strategisch in den Blick genommen werden. Dass alle an einem Strang ziehen, sei dabei unabdingbar.
Abschließend betonte Landrat Thorsten Krüger, dass man es den kommenden Generationen schuldig sei, die Klimaneutralität bis 2045 zu erreichen. Vor Ort müsse dies aber umsetzbar sein. Er forderte, die Wiedervernässung an der Lebenswirklichkeit der Menschen in der Region auszurichten und die Sicherung der Existenzen im Auge zu behalten. Wichtig sei ein ganzheitlicher Ansatz, der Wirtschaft, Politik und Gesellschaft einbeziehe. Dies werde allen Beteiligten etwas abverlangen. Gegenseitige Schuldzuweisungen seien dabei auf jeden Fall gänzlich fehl am Platz.
Für die Kreisverwaltung kündigte er ab 2024 einen Klimahaushalt an und stellte die Gründung einer Mooragentur in Aussicht. Mit den Worten „Wir fangen jetzt an, damit können Sie nach Hause gehen“, entließ der Landrat die Anwesenden ins Wochenende.
Heino Klintworth: „Als Bürgermeister spüre ich die Betroffenheit nicht nur bei den Landwirten.“ (vlnr.: Landrat Thorsten Krüger, Jan Heusmann (Vors. Landvolk, KV Wesermünde), Heino Klintworth (Vors. Landvolk Hadeln), Claus Seebeck (MdL), Kerstin Norda (LK Cuxhaven, Naturschutzamt), Martin Behrmann (NABU Land Hadeln)
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Das Interesse war groß beim ersten „Dialog Moor Cuxland"
„Die Milchviehhaltung in unserer Region ist weltweit wichtig in der Nahrungsmittelerzeugung“, sagt Jan Heusmann (Vors. Landvolk, KV Wesermünde)